Spargelvielfalt

Die Frühlingssonne hat den Spargel geweckt. Die zarten Triebe werden von Rolf Spaltenstein und seinen Leuten kiloweise aus den mit Folie abgedeckten Dämmen gestochen.

 

«Dick, weiss und 22 Zentimeter lang müssen sie sein, die Spargeln.» Denn so geniessen die Schweizer, laut Spargelbauer Rolf Spaltenstein, am liebsten. Seit den Dreissigerjahren werden in Flaach Spargeln angebaut. Damals hat Konrad Frauenfelder die Pflanze im Wallis gesehen und sie mit ins Zürcher Weinland gebracht. In den Siebzigerjahren kultivierten in Flaach zwölf Bauern Spargeln, heute sind es noch deren sechs. «Der Anbau von Spargeln ist mit viel Handarbeit verbunden», betont Rolf Spaltenstein. Deshalb seien viele wieder aus dem Geschäft ausgestiegen. Die Familie Spaltenstein baut seit über vierzig Jahren erfolgreich Spargeln an. Um die Effizienz der Produktion zu steigern, hat sich der Kantonspolizist Spaltenstein im angrenzenden Ausland umgesehen. Mit dem Ergebnis, dass er als Erster hierzulande eine Setzmaschine verwendet hat und eine Folie über die Spargelhügel gezogen hat, um die Köpfchen der weissen Spargeln möglichst bleich zu halten. Spaltenstein bebaut drei Hektaren mit weissen, grünen und violetten Spargeln.

 

Ernte

Das Wachstum des Spargels ist temperaturabhängig – je wärmer, desto schneller wächst er, je kälter desto langsamer spriessen die Stangen. Trotzdem muss jede Reihe täglich auf erntereifen Spargel abgesucht werden. Sobald der Erddamm schön warm ist, zeigen sich die ersten Köpfe. Nun wird die schwarz-weiss Folie neben den Damm gelegt und alle Spitzen, die ans Licht wollen, werden von Hand einzeln mit sehr viel Fingerspitzengefühl ausgegraben. Mit dem Spargelmesser, einem langen, scharf geschliffenen Stahl, werden die Stangen gestochen. Das Ernteloch wird wieder mit Erde aufgefüllt und der Damm mit der Folie zugedeckt. Die Erntezeit erstreckt sich von etwa Mitte April bis Mitte Juni. Nach der Erntezeit lässt man die restlichen Triebe auswachsen, damit sich die Pflanze über die Sommer- / Herbstmonate regenerieren kann und neue Kräfte sammelt. Im Spätherbst zieht sich der Saft in den Wurzelstock zurück, die Stauden werden dürr und mit dem Mulchgerät abgefräst.

 

Spargel ist gesund

Schon vor über 3000 Jahren waren Geschmack und Heilkraft der Spargeln geschätzt. Man nimmt an, dass die Ägypter den Wildspargel auf ihrem Speisezettel kannten. Sicher ist jedenfalls, dass die Griechen deren Heilkraft kannten. Und wie könnte es anders sein, die Römer wussten genau, wie man Spargeln anbaut. So kreierten sie Rezepte, die die Spargel-Gourmets heute noch zufrieden stellen. Der Spargel enthält sehr viel Asparginsäure und Kalium, welche die Nierentätigkeit anregen und entschlacken. Deshalb werden Spargeln für Diäten empfohlen. Beim Abbau der Asparginsäure entstehen Bernsteinsäure und Ammoniak, die den leicht unangenehmen Geruch des Harns verursachen. Aber aufgepasst: die feinen Saucen sind meist grosse Kalorienbomen!

 

Pop-up Restaurant Sternen Flaach

Thomas Rüegg führt zusammen mit seiner Gattin Kerstin seit über zwanzig Jahren den Familienbetrieb Restaurant Sternen in Flaach. Schon die Grosseltern und Eltern haben den Betrieb geführt. Mittlerweile ist ein Pop-up Lokal daraus entstanden. Und – den Flaacher Spargel auf der Karte geführt. Meist wird der Bleichspargel mit Roh- oder Beinschinken serviert. Früher schlachtete man Schweine vor allem im Herbst. Die lange Reifezeit des Rohschinkens hatte zur Folge, dass die Verfügbarkeit des reifen Rohschinkens jeweils mit der Spargelernte zusammenfiel. Dies erklärt die traditionelle Mariage der zwei Delikatessen. Welche Spargelsorte ergibt mit welche Schinkensorte die beste Mariage? Für Thomas Rüegg ist klar: «Klassisch und edel ist Bleichspargel mit Weinländer Rohschinken kombiniert, oder eine Mischung von weiss und grün. Aber auch mit saftigem Beinschinken können gute Gerichte komponiert werden. Zusammen mit Bleichspargel darf man jedoch keinen zu kräftigen Schinken wählen. Das Schinkenaroma soll das dezente Spargelaroma ergänzen und nicht erschlagen.» Rindsfilet oder Kalbsschnitzel vom Grill bieten Abwechslung zum Schinken. Ferner werden auch Kalbskopf mit Sauce Vinaigrette und immer öfter Egli oder Zanderfilets mit Spargel zusammen bestellt. Bei den Saucen gibt es im Sternen mehrere Ableitungen: Hollandaise, Mayonnaise, Vinaigrette, Milanese und eine leichte aus Quark. Thomas Rüegg verrät seine Garmethode: «Wir kochen die Spargeln langsam. Sie brauchen etwa vierzig Minuten. Da wir in grösseren Mengen kochen, können wir die Spargeln im Sud ziehen lassen». Rüegg schwört auf das Kochen nach Grossmutterart im Wasser. Wichtig ist: «Spargeln müssen auch hinten weich aber nicht zerkocht sein». 

 

Unechte wilde 
Nebst grünen und weissen gibt es als Raritäten Minispargeln (Tips, oft aus Thailand), violette, Rohess-Sorten sowie Wildspargeln. Die letzten tragen ihren Namen zu unrecht, denn sie werden auch kultiviert. Aber sie sehen tatsächlich «wild» aus: sehr dünn und krumm, dafür aromatisch und leicht bitter. Schälen erübrigt sich. 

 

Nebst den grünen und weissen Violetta produziert Rolf Spaltenstein eine violette Rohkostspargel. Es können zwar alle Spargeln roh gegessen werden, Violetta ist laut Spaltenstein aufgrund seiner geringeren Bitterkeit angenehmer. Zudem muss sie nicht geschält werden.