Silvester-Brauchtum: Schweineohren und Linsen bringen Glück

Die erste Mahlzeit auf Erden bestand laut christlicher Vorstellung aus einem Apfel. Die Folgen sind bekannt, die Nascherei endete mit der Vertreibung aus dem Paradies. Seither ist der Mensch auf der Suche nach dem Glück. Er tut alles, um es zu fassen und scheut dabei keinen Aberglauben.

Vor allem in der Silvesternacht sowie am Morgen danach, wenn das neue Jahr sich zu räkeln beginnt, wird die Symbolik gross geschrieben und speziell dem Schwein gehuldigt. Die gute alte Sau ist nämlich par excellence das Sinnbild für Glück.

 

Ein Spanferkel, kross gebraten aus dem Rohr geholt, verheisst ein rundum erfreuliches Jahr. Da greifen selbst Intellektuelle, die ansonsten ihrem Verstand alles und dem Bauch nichts zutrauen, hoffnungsvoll zum Essbesteck.

Vegetarier hingegen verlassen sich lieber auf das Schweinderl aus Marzipan.

Weniger hoch ist der Symbolwert von Schnitzel, Kotelett & Co.

Schweinshaxerln mit Linsen sind ein traditionelles Gericht in Italien:

Zampone con lenticchia. Linsen sorgen für zusätzliche Glückssymbolik. Wer sie am Neujahrstag löffelt, ob als Suppe oder süsssauer, dem geht laut Brauchtum nie das Geld aus. Und bibelfeste Leser wissen, dass der hungrige Esau sein Erstgeburtsrecht gegen ein Linsengericht an Bruder Jakob verscherbelt hat.

 

Wie dieser Eintopf beschaffen war, weiss man nicht. Wahrscheinlich gehörten Olivenöl, Knoblauch und Minze zu den Ingredienzien. Wer Schweinernes partout nicht mag, kann sich also an Linsen halten und Neujahr kulinarisch mit einem Linsengemüse einweihen. Man nehme Zwiebel sowie Gemüse (Sellerie, Lauch, Karotte), hacke alles klein und dünste das Gemenge in Butter an.

Dann werden die al-dente gekochten Linsen hinzugegeben und mit Kalbsfond sowie einem kräftigen Schuss feinstem Balsamessig gar geköchelt.

 

Linsen gehören auch zum grossen Neujahrsklassiker namens Sauschädel. Was etwas grob klingt, ist auf dem Teller eine delikate Sache in Rosa. Unter «Sauschädel» ist ja nicht das ganze Trumm zu verstehen, sondern nur die zartfleischigen Backen mit einem Teil des gallertartigen Rüssels. Das Fleisch wird im Wurzelsud langsam weich gesotten und mit frisch geriebenem Meerrettich serviert. Dazu gibt es Linsensalat, der besonders köstlich schmeckt, wenn man ihn mit echtem Kürbiskernöl anmacht.

 

Sollte von Silvester noch ein Fläschchen Champagner übrig sein, umso besser. Auch ein kraftvoller trockener Riesling, würziger Sauvignon blanc aus der Steiermark und ein prächtiger Grüner Veltliner sind edle Begleiter.

Nichts ist gegen ein Bier einzuwenden. Gart der liebe Koch oder die geistreiche Köchin die Backen vom Schweinskopf elegant in Rotwein, so wird dazu natürlich auch ein feiner Bordeaux, sinnlicher Burgunder oder Blaufränkischer Reserve aus dem Burgenland passen.

 

Kann man sich weder für gekochten Schweinskopf noch panierten Saurüssel mit Senfsauce und lauwarmen Kartoffelsalat so recht begeistern, dann sollte in der Silvesternacht wenigstens von Schweinen geträumt werden. Das ist als glückliches Vorzeichen zu werten, sofern es sich um feiste, gesunde Mastschweine handelt. Dann stehen laut Traumbuch rege Geschäfte bevor.

Quiekende Schweine künden allerdings von unerfreulichen Nachrichten, doch eine veritable Muttersau mit Ferkeln wiederum signalisiert blühende Profite.