GL Kulinarisches aus Glarus

Zwischen dem Walensee und dem Zürichsee geht es hinein in das tief eingeschnittene Tal des Glarnerlandes. Bis zu 1750 Metern wachsen die Berge hier aus dem Boden. Mit 3614 Metern ist der Tödi der höchste Berg der Ostschweiz. Das Glarner Land, als Kanton einer der ältesten Kantone der Schweiz, bietet einige kulinarische Leckerbissen. Für uns Grund genug in Küche und Keller dieses Kantons zu schauen.

 «He! Wer chauft es Zigerstöggli? Wäärli, es isch steibeihert. Chänd, versueched nu es Möggli! Was es chostet, isch es wert!» Dieser und andere Sprüche waren lange Zeit auf den Strassen zu hören. Sie kamen von den Zigermännern und –frauen, die mit geflochtenen Körben auf dem Rücken und einer traditionellen Trachtenbluse bekleidet, durch die Landschaften reisten. In ihren Körben trugen sie Glarner Spezialitäten mit sich – dazu gehörte auch der typisch würzige Käse. Der Glarner Schabziger blickt auf eine über tausendjährige Geschichte zurück. Vom 8. Jahrhundert bis 1395 stand das Glarnerland im Besitz des Klosters Säckingen. Zu den Abgaben, die die Glarner damals zu entrichten hatten, gehörte auch der weisse Glarner Magerkäse. Weil der Ziger den Säckinger Stiftsdamen offenbar zu fade war, würzten sie ihn mit Hornklee, einem stark duftenden Kraut aus dem eigenen Klostergarten, das wahrscheinlich Kreuzfahrer aus Kleinasien mitgebracht hatten. Der Schabziger war geboren! An der Landsgemeinde vom 24. April 1463 genehmigten die Glarner Bürger ein Gesetz, das alle Zigerhersteller verpflichtete, ihr Produkt nach Qualitätsvorgaben zu produzieren und mit einem Herkunftsstempel zu kennzeichnen. Damit machten sie den Glarner Schabziger zum ersten Markenartikel der Schweiz. Noch heute wird der Schabziger nach dem gleichen Prinzip hergestellt wie vor tausend Jahren.  

Die frische, entrahmte Kuhmilch aus der Glarner Bergwelt wird auf über 90 Grad Celsius erhitzt. Mit viel Geduld wird langsam die Milchsäurekultur (Sauer oder Etscher) eingerührt, die Milch scheidet in Ziger, der das ganze Eiweiss enthält, und in Schotte. Der frische Ziger lässt in flachen Becken Schotte ab und kühlt aus, bevor er im Gärbehälter eine erste Reifung während vier bis zwölf Wochen durchläuft. Dieser Rohziger wird anschliessend zerrieben, mit Salz vermengt und zur weiteren Reifung während drei bis acht Monaten in Silos eingelagert –denn gut Ding will Weile haben! Erst jetzt kommt der kostbare Zigerklee dazu, der dem Schabziger seine grüne Farbe und den unverkennbaren Geschmack verleiht. Ebenso traditionell wie der Schabziger sind die Fleischspezialitäten aus dem Glarnerland.

 

Urchige Würste

Die «Chalberwurst» ist eine traditionelle Festspeise und wird als typischer «Landsgemeindezmittag» serviert. Das Besondere ist, dass der Wurstmasse neben Kalbfleisch, Vollmilch, Speck und Gewürzen auch Brot beigemischt wird. Das Rezept wurde 1920 von der Landsgemeinde abgesegnet. Kalberwürste werden nicht gebraten, sondern in einer Sauce aus Butter, Mehl und Zwiebeln gekocht und mit Kartoffeln oder Salzkartoffeln und gekochten Dörrzwetschgen serviert. Seit 1908 stellt die Metzgerei Kern in Ennenda die Spezialität nach der Originalrezeptur her – heute bereits in vierter Generation. Jakob Hösli ist Markeninhaber und hat eigens ein Reglement zur Glarner Kalberwurst verfasst. Darin ist auch die Herstellungsart festgelegt. Die Rezeptur der Kalberwurst müsse den gesetzlichen Vorschriften der Kalbs-Bratwurst entsprechen.

44% Kalbfleisch, 20% Wurstspeck, 32% Vollmilch, 4% Weissbrot, 17 g Kochsalz, 1 g Pfeffer,

5 g Frischzwiebeln und eine Prise Muskatnuss.

 

Über die Herkunft der Kalberwurst ist nichts genaues bekannt. Das Aufkommen der Kalberwürste als Neujahrs- und allgemeine Festspeise erklärt man sich aus dem Brauch der Metzger, ihren Kunden je nach Höhe der jährlichen Einkäufe eine bis zwei Kalberwürste zum Neujahr zu schenken. Da man teueres Kalbfleisch sparen wollte, streckte man die Wurst mit billigerem Weissbrot. Gemäss eidgenössischem Lebensmittelgesetz, ist der Verkauf von Würsten in dieser Zusammensetzung verboten, doch wird dieses Gesetz im Kanton Glarus nicht angewendet. Kurz nach der Festlegung dieses Gesetzes wurde in Weesen sogar ein Gastwirt gebüsst, weil er seinen Gästen Kalberwürste auftischte. Jürg Weber vom Hotel-Restaurant Schwert in Netstal tischt seinen Gästen Zigerspezialitäten und Glarner Kalberwürste auf, ohne dafür gebüsst zu werden. Im Gegenteil. 

GL Netstal Restaurant Schwert

Jürg Weber verleiht dem Glarnerland Gourmetglamour und dem ältesten Markenprodukt der Schweiz neuen Glanz: Er kreiert im «Schwert» in Netstal mit Ziger kulinarische Kreationen, die begeistern. Als Markenzeichen trägt er ein rotes Glarnertüechli und gilt als die heitere Gelassenheit in Person. Selbst in hektischen Zeiten – und die sind im «Schwert» Usus – bewahrt der Chefkoch Ruhe. Für sein Schaffen wurde Weber mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit 15 Punkten vom «Gault Millau». Sein Erfolgsrezept: «Ich liebe es, zu experimentieren und Klassiker neu zu interpretieren.» Leidenschaftonline.ch durfte Jürg Weber in seiner Küche besuchen.  

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GL Mollis

Wein aus dem Kanton Glarus tönt selbst für die Weinkenner ziemlich exotisch. Doch es gibt ihn. Wie in der gesamten Ostschweiz werden auch hier meist die Traubensorten Riesling x Sylvaner und Blauburgunder angebaut. In den Gemeinden Niederurnen und Mollis befinden sich Reben auf einer Gesamtfläche einer Hektare. Diese Weinberge zählen zur zentralen Region des Ostschweizer Weingebiets, dessen Klima vom Walensee beeinflusst wird. Für die Region typisch sind die Molasseböden. Vor etwa zwanzig Jahren entstand in Mollis der Rebberg Haltli. Die Winzer Ruedi Blumer, Werner Schläpfer, Peter Bertschinger und Ruedi Schlittler, die sich zur Rebzunft Mollis zusammengeschlossen haben, pflegen die Reben nach der Methode der Integrierten Produktion. Dabei wird der Rebberg nach ökologischen Gesichtspunkten bewirtschaftet. Die Kelterung wird dem erfahrenen Wein- und Keltereibetrieb Franz Müller in Heiligkreuz übertragen. Jedes Jahr gelangt der rote und weisse Molliser Haltliwy in Bordeauxflaschen zu den Liebhabern von gehaltvollen Landweinen.