ZH Zürich Dolder Grand The Restaurant

Das Geheimnis seines Stils ist sein breit gefächertes Aromenspektrum, das auf typisch klassische Geschmacksbilder verzichtet. Seine Gerichte sind zudem von textureller Sensibilität geprägt. Die Rede ist vom Chef Fine Dining Heiko Nieder. Er zeichnet seit 2008 für die Gourmetküche des The Restaurant im Dolder Grand in Zürich verantwortlich.

 

Die erhöhte Lage des Hotels, zwischen pulsierender City und belebender Natur, ermöglicht einen herrlichen Blick auf die Stadt Zürich, den See und die Alpen. Hier wird es dem Gast ermöglicht, sich exklusiv zu erholen und die Vorzüge des Lebens zu geniessen. Teil dieses Genusses bietet die Küche des The Restaurant. Heiko Nieder hat die Menükarte mit seiner überraschenden, leichten Küche von Beginn weg geprägt. Wer ist dieser Heiko Nieder? Am 13. Juni 1972 wurde er im deutschen Reinbek geboren. Die Passion fürs Kochen hat ihm seine Grossmutter vermacht. Sie stand in der Kantine eines Schlachthofes am Herd. Im Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg erlernte Heiko Nieder das solide Kochhandwerk. Nach der Ausbildung arbeitete er bei Josef Viehauser im Le Canard in Hamburg. Das war 1994. Viehausers Küchenchef Michael Hoffmann hat Heiko Nieder inspiriert und geprägt. Hoffmann verwirklichte hier mit Leidenschaft seine Vision einer nachhaltigen modernen Spitzenküche, in der Ethik und Genuss miteinander versöhnt gewesen sind. Michael Hoffmann entfachte in Heiko Nieder das Feuer fürs Kochen. Er vermittelte ihm das nötige Wissen, um als Küchenchef arbeiten zu können. «Er lehrte mich ein Team zu führen. Gleichzeitig liess er mich frei arbeiten. Er liess mich in der Küche experimentieren. Das bereitete mir Spass. Noch heute ist Spass ein wichtiger Faktor in meiner Küche», erzählt Heiko Nieder über Michael Hoffmann. Danach stand Nieder bei Dieter L. Kaufmann im Restaurant Traube in Grevenbroich am Herd, bevor er 1997 zu Kolja Kleeberg ins Vau nach Berlin wechselte.

 

2002 wurde Nieder als Küchenchef ins l’orquivit nach Bonn beordert, wo er 2005 seinen ersten Michelin-Stern erhielt. Der Grundstein für seinen Erfolgsweg war gelegt.

 

Künstlerischer Handwerker

Als Vertreter einer ambitionierten modernen Küche kocht Heiko Nieder keine Klassiker nach. «Wenn jemand die klassische Küche mag, dann wird er bei uns wohl nicht glücklich sein.» Er will immer wieder neue Standards setzen. Schranken setzt nur die Technik. Der Gast solch sich bei ihm entspannen können. Er liest die Speisekarte, spricht mit Tischnachbarn darüber: «Kaninchen aus Frankreich, Tartar, Wiesenkräuter, Miso, eingelegte Pilze, grüne Tomate». Er versucht sich das Gericht gedanklich vorzustellen. Es kommt der Teller, es sieht vielleicht anders aus als erwartet, darüber wird wieder gesprochen, ehe gegessen wird. Zuerst einzelne Bestandteile, dann kombinierte, und alles fügt sich zusammen. Versteht der Gast die Botschaft des Chefkochs? Heiko Nieder meint, dass der Gast die Botschaft nicht zwingend verstehen müsse, wichtiger wäre, wenn er Spass hat und sich verwöhnen liesse. Nieder ist für seine verblüffenden Kombinationen bekannt: Sellerie Gefroren, Salat, weisse Schokolade, Waldmeister, Basilikum, Campari. Waren früher Luxusgüter wie Foie gras, Austern, Kaviar in der Spitzengastronomie unabdingbar, sehen das heute zahlreiche Exponenten weniger eng. Im The Restaurant dürfen sie nicht fehlen.

 

Doch Heiko Nieder kombiniert es, verspielt kreativ, mit einfacherer Kost – etwas Kaviar mit weissem Spargel. Er löst die Grenzen zwischen süssen und salzigen Speisen auf. Ausserdem ist ihm absolut bewusst, dass man die verschiedenen Geschmacksnoten je nach Temperatur und Konsistenz unterschiedlich schnell wahrnimmt. Der Küchenhandwerker beherrscht es, diese Aromenabfolge perfekt zu orchestrieren.

  

Das Renommee, das er mit einem Dutzend Küchenangestellten erzielt, lässt sich sehen: 18 GaultMillau-Punkte, zwei Michelin-Sterne, bester Deutscher Koch im Aus-land 2014, Le Grand Chef du Guide Bleu 2014/15. Der Vater zweier Töchter schätzt sein Team sehr: «Wir orientieren uns zwar an der klassischen Aufgabenaufteilung, also die Konzentration auf Vorspeisen, Saucen, Fleisch und Fisch oder Nachspeisen, aber bei mir muss jeder Koch fähig sein, auch die Aufgaben eines anderen wahrzunehmen. Es macht Freude, mit einem solch kreativen Team zusammen zu arbeiten.»

 

Luxuriöses Ambiente

Bereits der Gang durch das Hotel und dann zum Restaurant sendet deutliche Signale. Wir befinden uns in einem Luxushotel der Spitzenklasse. Wiederholt wurde es von Karl Wild und seinen Testern zum besten Cityhotel der Schweiz erkoren. Luxus ist hier ein Teil der Kunst! Im The Restaurant wirken das durchsichtige Weinlager und das Interieur imposant. Allerdings tragen zwei Eigenschaften des The Restaurant bei, seine Ausstattung rasch zu vergessen. Zuerst ist es der unaufdringliche und aufmerksame Service unter der Leitung von Jakob Scholtyssik. Und sodann verlagert sich die Aufmerksamkeit des Gastes mit den auf den Tisch ankommenden Tellern vollständig auf die Kreationen Heiko Nieders. Ihm geht es dabei um den Gesamteindruck – insbesondere den Wechsel von Harmonie und Kontraste darin. Er fordert seine Gäste geschmacklich heraus. Wenn sie sich darauf einlassen, verlassen sie sein Restaurant glücklich und mit dem Eindruck, dass es unvergleichlich gut geschmeckt hat. «Wir wollen unsere Gäste verwöhnen, damit sie sich entspannen und den Alltag vergessen», erklärt Heiko Nieder sein Ziel. Nieder mag den Druck, den er sich zumeist selbst auferlegt. Er ist ein Perfektionist. Jeder Teller wird von ihm persönlich begutachtet, bevor er dem Gast serviert werden darf. «Jeder Gast, der zu uns kommt, setzt mich unter Druck, und ich mich selber am meisten, weil ich mein Bestes geben möchte. Ich führe täglich einen Wettkampf mit mir selbst.» Auf der Karte stehen öfter mal Tauben, weil sie lecker schmecken, wie Nieder findet. Ob ein Gericht aussergewöhnlich ist, kommt darauf an, was der Gast gewohnt ist. «Wir schiessen ja nicht die Tauben vom Dach, es handelt sich um edle Produkte aus Frankreich», sagt Nieder.

 

Es sei wie mit dem Sisteron-Lamm aus der Provence. «Jeder, der sagt, er möge den Lammgeschmack nicht, der muss dieses probieren. Es ist von der Konsistenz und vom Geschmack her ganz anders.» Der Deutsche verwendet gerne Produkte aus dem hauseigenen Kräutergarten und Felsenbirnen, die draussen in den Hecken wachsen. Die kleinen Früchte, die aussehen wie Heidelbeeren, werden entsaftet und zu Gänseleber serviert. Die Kornelkirsche – eine Herbstfrucht – wird in der topmodernen Küche zu einem Gelee verarbeitet. «Durch das säuerliche Aroma passt sie wunder-bar zu Sellerie, Curry und Kaffee.» Heiko Nieder möchte mit seiner 12-köpfigen Küchenbrigade kontinuierlich besser werden. Dafür ist der Küchenmannschaft kein Weg zu weit, von dem halben Dutzend Brotsorten über den aufwendigen Apéro bis zu vielen Elementen, aus denen jeder Gang zusammengesetzt ist, wird hier täglich viel gearbeitet. Bei meinem Küchenbesuch wurde mir klar, wie leistungsfähig die Spitzenküche des The Restaurant wirklich ist. Das Lokal war bis auf zwei Tische besetzt. Die Küchenmannschaft (zwei Frauen) arbeiten mit höchster Anspannung und Konzentration. Und doch wirken die Köche sympathisch locker. Der Blick für den Nebenmann, der gerade in Not geraten ist, weil seine Pfanne raucht oder der Wecker klingelt, wurde auch dann gewahrt, als er am Pass half, einen Teller anzurichten und mir deren Details erklärte. Dafür ist grosse handwerkliche Routine nötig, die für mich als Beobachter von hoher Ästhetik gewesen ist. Trotz Routine wurde präzise und konzentriert gearbeitet. Was inspiriert Heiko Nieder in seiner täglichen Arbeit, dem Gast stets avantgardistische Gerichte zu präsentieren? Zuhause geniesst er in ruhigen Momenten den Blick in seine zahlreichen Kochbücher. «Nicht, dass ich Rezepte daraus nehmen würde, sondern vielmehr suche ich darin nach Hauptprodukten, die mich ansprechen.» Seine Lieferanten helfen ihm dabei, indem sie ihm aussergewöhnliche Produkte vorstellen. Hat er das Produkt gefunden, macht er sich Gedanken um das Rundherum: «Was mache ich daraus? Welche Gewürze, welche Kräuter harmonieren dazu?» Und dann kommt das Wesentliche: «Wie schaffe ich den Unterschied?» Der Deutsche sucht dabei das Verblüffende. Produkte, das Drumherum und der Unterschied; diese drei Faktoren stehen für die Stilistik von Heiko Nieders Küche. Nach den Küchentrends gefragt, erwidert der Spitzenkoch, dass er die aktuellen Moden, wie beispielsweise das Fermentieren, verfolge und auch ausprobiere. Würden sie in sein Konzept passen, werden sie eingebaut, wenn nicht, dann eben nicht. Nieder müsse nicht jeden Trend verwirklichen. Vielmehr möchte er seinem Stil treu bleiben. In dieser Grundhaltung orientiert er sich an Christian Bau. Der langjährige Schüler Harald Wohlfahrts, Schwarzwaldstube Baiersbronn (19 Gault-Millau-Punkte, 3 Michelin-Sterne) pflege ebenfalls seit Jahren seinen eigenen europäisch-asiatischen Stil, ohne dabei die Tradition aus den Augen zu verlieren.

 

Ja, ein Kochbuch wäre auch auf der To-Do-Liste des Hotels. Jedoch nicht zuoberst, zeigt sich Heiko Nieder sichtlich erleichtert. Ist die Realisierung eines Buches doch sehr zeitaufwendig. Diese Zeit benötigt er aktuell für die Ausgestaltung der Sommerkarte. Auch hierfür werden keine Kompromisse eingegangen. Sämtliche Komponenten des Menüs werden geändert. Wirklich alles, vom Apéro bis hin zur Praline. Sommelier Didier Clauss versteht es, zu den Speisen den massgeschneiderten Wein zu kredenzen. Der Fokus liegt dabei auf den eher unbekannten Erlesenheiten regionaler und internationaler Weine. Es sind dann auch Didier Clauss und Heiko Nieder, welche die Weinbegleitung zur neuen Karte aussuchen. Dies kann durchaus fünf bis sechs Stunden in An-spruch nehmen. Die Beiden degustieren solange, bis der passende Wein gefunden ist. Dabei kann es vorkommen, dass zwei Weine, welche nicht ganz optimal passen, gemischt werden. Das so entstandene Cuvée müsse natürlich jeweils neu vor dem Gast gemacht werden. Was daraus resultiert? Ein klares, hochwertiges Menü ohne falschen Ehrgeiz, ohne überflüssige Spontanität, aber qualitätsbewusst: ein Essen für Fortgeschrittene.

www.thedoldergrand.com

 

 

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