ZH Eglisau Gasthof Hirschen

Christian Kuchler (geb. 1985) zählt zu den besten Köchen im Kanton Zürich. Der junge Küchenchef des Gourmetrestaurants La Passion im Gasthof Hirschen in Eglisau probiert einige Foodtrends aus, kehrt jedoch stets zur klassischen Küche zurück.

 

Der Thurgauer Christian Kuchler lernte sein Handwerk in der Klinikküche Schloss Mammern. Küchenchef Xaver Wenninger erkannte, dass Christian Kuchler motiviert, neugierig und einsatzfreudig ist, aber auch Talent für mehr mitbringe. Für Wenninger seien die Jungen wie ein Rohdiamant, der noch geschliffen werden müsse. Doch selbst die beste Ausbildung allein nützte nichts. Ohne Beziehungen gehe in der Gastronomie wenig, deshalb müsse er ihnen die Türen öffnen. Und das tat Xaver Wenninger auch. Nach abgeschlossener Kochlehre arbeitete Kuchler im Hotel Terminus in Sierre bei Sternekoch Didier De Courten. «Bei Didier De Courten habe ich die künstlerische Seite der Gourmetküche kennengelernt. Jeder einzelne Teller glich bei De Courten einem Kunstwerk», so Kuchler. Nach dieser Stage meldete sich der Thurgauer bei seinem Lehrmeister, um wieder-um am Herd der Klinik Schloss Mammern zu stehen. Xaver Wenninger, befreundet mit Vater Wolfgang Kuchler (Sternekoch im Schäfli Wigoltingen), riet Christian einen Abstecher nach Paris zu machen. Er setzte sich mehrmals mit dem Grand-Senior der klassisch-französischen Küche, Alain Ducasse in Verbindung. Nach zahlreichen Telefonaten und entgegen der Regel, dass im Hause Ducasse keine ausländischen Köche am Herd zu stehen kämen, wurde Christian eingeladen, sich persönlich vorzustellen. «Vom beschaulichen Thurgau nach Paris war für mich ein Kulturschock», erinnert sich Kuchler, der damals kaum französisch sprach. Als einziger Ausländer wurde er in die Brigade von Maître Alain Ducasse im Plaza Athénée in Paris aufgenommen. «Zu Beginn war es schwierig. Aber es hat sich gelohnt durchzuhalten. Ich habe sehr viel gelernt – vor allem die Ehrfurcht vor dem Produkt. Dieses soll immer seinen Eigengeschmack behalten, man dürfe es nicht überwürzen», erzählt der junge Chefkoch. Frieden mit dem Lebensmittel ist Kuchlers Credo. Nach der Rückkehr in die Heimat stand Kuchler im Schupfen in Diessenhofen erstmals als Küchenchef am Herd und wurde vom französischen Guide Gault Millau mit 14 Punkten für die Deutschschweiz entdeckt. Zwischendurch machte Kuchler junior einen Abstecher in den Schwarzwald. Er arbeitete kurzzeitig bei Harald Wohlfahrt in der Traube Tonbach. Wohlfahrt zählt seit Jahren zur Elite des Kocholymps. 19 GaultMillau-Punkte und 3 Michelin-Sterne zeigen sein Palmares aus.

 

Im Takt der Rockmusik

Aus der Stereoanlage ertönt «The wall» von Pink Floyd, während Christian Kuchler darauf hinweist, dass das fünfköpfige Küchenteam dieser harten Musik nur zu gerne lauscht und es ruhig arbeiten lässt. Die Betriebsleiterin des Gasthofs Hirschen Eglisau Franca Tedesco flüstert mir zu, dass sie es lieber stiller mag. Arbeitet die Schwäbin mit italienischen Wurzeln im La Passion mit, so spiele sie manchmal ihren Chefjoker aus und bittet das Gerät abzustellen. Kuchler, ein junger Mann mit der Statur eines Kranzschwingers, fordert einiges von seinem Team: «Koch ist ein sehr kreativer, aber harter Beruf.» Fünf Männer stehen in der Küche. Einer brät das Fleisch, einer bereitet die Beilagen, einer kreiert die Desserts, ein weiterer lernt das Handwerk und der Chef springt ein wo es grad notwendig ist und zeichnet sich für Präsentation der Speisen auf dem Teller verantwortlich. Einer der grössten Herausforderungen für Kuchler im rund 500jährigen Gasthaus ist, dass neben dem Gourmetrestaurant auch ein Bistro (40 Plätze) mit grosser Rheinterrasse (80 Plätze) sowie Bankette im prächtigen Belle Epoque Saal von einer kleinen Küche aus zu meistern sind. Nach seiner Botschaft auf dem Teller gefragt, antwortete Kuchler: «Auf einen Kochstil festlegen will ich mich nicht. Die Basis meiner klassischen Küche sind die Fonds und Saucen. Der Rest ist Kreativität. So paaren sich Handwerk und Kunst.» Er probiert gerne aus. Entweder es schmeckt oder nicht. Er ist auch offen für Gourmettrends, doch was bräche es dem Gast eine fermentierte Spargel auf dem Teller serviert zu bekommen, die nach nichts schmecke? Kuchler beherrscht die klassischen Zubereitungsarten, seine Gerichte aber sind modern. Ein perfekt gebratenes Reh etwa mit Butternusskürbis und Sellerie ist ein Klassiker. Der Sellerie aber wird in verschiedenen Aggregatszuständen (als knuspriges Stroh, als Creme …) eingefügt und ermöglicht so ein zeitgemässes Spiel mit Texturen und Geschmacksvariationen. Spannend war auch die Erfahrung einer gehobelten Gänseleber. Grosszügigkeit in Form von angemessenen Tellerportionen sowie das Zusammenspiel von Kunst (Präsentation auf dem Teller) und Hand-werk (Perfekte Zubereitung) – das ist Kuchler.

 

In seiner Küche arbeitet Christian Kuchler auf allen Posten gerne. Nur das Herstellen von Desserts liege ihm nicht. «Dafür habe ich meinen Pâtissier.» Und was für einen! Der Frauenfelder Daniel Simunic arbeitet bereits über fünf Jahre mit Christian Kuchler zusammen. Vom Schupfen Diessenhofen hat er ihn in den Hirschen Eglisau begleitet. Ob er den nächsten Schritt wiederum mit Kuchler zusammen macht, sei noch offen. Kuchler verlässt den Hirschen Mitte 2015 und wird das elterliche Schäfli in Wigoltingen nach erfolgtem Küchenumbau übernehmen. Unterstützt wird er von Vater Wolfgang. Simunic mag das Spiel von Säure, Frische und Süsse eines Desserts. Besonders angetan hat es ihm die Passionsfrucht. Der 1989 geborene Pâtissier lernte Koch in einem gutbürgerlichen Restaurant, ohne dort mit Desserts konfrontiert worden zu sein. Sein süsses Wissen hat er bei der Familie Aberli im Schloss Wülflingen in Winterthur getankt. Inzwi-schen kann Daniel Simunic seine Kreativität voll ausleben.

 

Fokus Europa

Was wären die kreativen Gerichte aus der Küche Christian Kuchlers ohne die passende Weinbegleitung? Und dafür ist die äusserst charmante Französin aus Lothringen Audrey Lewa zuständig. Sie kümmert sich seit vielen Jahren als Chef de Service um das Wohlergehen der Gäste im La Passion. Audrey Lewa hat das Lycée Hôtelier Raymond Mondon de Metz (F) mit dem Brevet de Techicien Superieur abgeschlossen und Erfahrungen in verschiedenen 5-Sterne-Hotels in Frankreich, Luxemburg und der Schweiz gesammelt. Sie war ein Jahr im Weinhandel tätig und darf sich seit dem Sommer 2014 Diplomierte Sommelière Professionell SFS-ASSP nennen. Diese knapp zwei jährige Ausbildung an der Schweizierischen Sommelier-Fachschule in Zürich hat sie mit sehr gutem Erfolg bestanden. Für sie sind die Weine aus Europa wichtig. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Schweizer Gewächse. Zusammen mit Betriebsleiterin Franca Tedesco wählt sie die besten und exklusivsten Weine für die Karte des Hirschen aus. Ein Wein muss eine Geschichte erzählen können, um für die beiden Damen interessant zu werden. «Der Gast kommt zu uns, um zu geniessen. Er lässt sich gerne von mir beraten und lenken, so kann ich ihm die besten Weine zu Christians Essen servieren», erzählt sie. Das Siebengang-Menü wird vom Wein horizontal begleitet, das heisst, dass jeder Gang von einem eigenen Wein begleitet wird. Dieser kann glasweise oder gar halbglasweise bestellt werden. Gefragt nach dem aktuellen Trend in der Weinwelt, antwortet Lewa mit Süsswein. Im Fokus des Gastes ist dabei deren Herstellung. Handelt es sich um einen Strohwein, einen Eiswein usw. Auch der passende Wein zum Käse sei trendy. War es früher der Portwein so sind es derzeit vermehrt auch rote Süssweine. Die Frage nach dem Lieblingswein beantwortet Audrey Lewa nach reiflicher Überlegung: «Eine sehr schwierige Frage, den Neomoro Riserva, Montepulcianod’Abruzzo DOCG aus dem Keller Nicodemi.» Der vielschichtige Aromafächer öffnet sich nach Belüftung  langsam, dafür umso breiter: Flieder und Lavendel, Amarenakirschen, Bergamotte und Lakritze, Zimt und Eukalyptus, Kakao, Mokka und Karamell. Am Gaumen demonstriert er mit Eleganz, Wucht und einer beachtlichen Länge, was in ihm steckt. Feinste Tannine und eine saftige Säure geben ihm seine kräftige und zugleich elegante Statur. Ein Wein mit grossem Potential hat die Französin zu ihrem Liebling erklärt.

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